Coronahilfen – auch November- und Dezemberhilfen – nur zur Abdeckung von Verlusten? – Beihilferecht vom 08.01.2021

Coronahilfen – auch November- und Dezemberhilfen – nur zur Abdeckung von Verlusten? – Beihilferecht vom 08.01.2021

Die Corona-Hilfen sollten alle unterstützen, doch es gibt einen Haken im Kleingedruckten, der Unternehmer und Steuerberater wütend macht: Geld vom Staat bekommt nur, wer einen Verlust nachweisen kann. Davon war bislang keine Rede.

Der Brief von Finanzminister Olaf Scholz soll Zuversicht verbreiten. „Seit Beginn der Pandemie haben wir Einschränkungen des Wirtschaftslebens mit Hilfen kompensiert, damit alle möglichst gut durch diese Krise kommen können“, schreibt der Kanzlerkandidat der SPD am 5. Januar an seine Fraktionskollegen. „Die vollständige Auszahlung der beantragten Hilfen über die Länder soll spätestens ab dem 10. Januar beginnen.“ Er wisse, dass es zu den verschiedenen Hilfsprogrammen noch viele Fragen aus der Praxis gebe. Damit die SPD-Abgeordneten diese leichter beantworten können, schickte er noch die Links zu den entsprechenden Überblicksseiten im Internet mit.

Doch ein wichtiges Detail erwähnte Scholz in seinem Brief lieber nicht – obwohl dieses im Alltag von Unternehmern und Steuerberatern gegenwärtig ein großes Thema ist: die Frage, welche Unternehmen überhaupt Anspruch auf Hilfe haben. Alle, die wegen der staatlichen Corona-Beschränkungen einen signifikanten Umsatzrückgang haben und zugleich weiterlaufende Kosten? Diesen Eindruck hatten Scholz und Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) in ihren Auftritten stets vermittelt. Oder nur Unternehmen, die unter dem Strich einen Verlust nachweisen können? So steht es seit kurzem im Kleingedruckten eines Frage-Antwort-Katalogs der beiden Ministerien im Internet. Dort ist davon die Rede, dass es staatliche Unterstützung nur für „ungedeckte Fixkosten“ gibt – also für jene Kosten, die ein Unternehmen nicht mit den noch vorhandenen Einnahmen decken kann.“

Auf diesen FAZ-Bericht vom 08.01.2021 wird aktuell auch auf der Seite der Bundessteuerberaterkammer (BStBK) hingewiesen. Er bezieht sich auf folgende Ergänzung in den FAQ:

„Die Höhe der Novemberhilfe beziehungsweise Dezemberhilfe beträgt bis zu 75 Prozent des jeweiligen Vergleichsumsatzes (abhängig von der Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld und anderen Corona-Hilfen im gleichen Bezugszeitraum sowie dem Vorliegen der beihilferechtlichen Voraussetzungen, vergleiche 4.1 ff)“ Der unterstrichene Teil ist neu!

 

Zum Beihilferecht haben sich folgende Änderungen ergeben:
„EU-Beihilferecht
(Stand 08.01.2021- mit neuem FAQ Beihilferecht vom 08.01.2021)

B. Häufige Fragen
B.1. Was sind ungedeckte Fixkosten und was ist davon erfasst?
Als Fixkosten werden Kosten verstanden, die unabhängig von der Ausbringungsmenge entstehen. Ungedeckte Fixkosten im Sinne der Bundesregelung Fixkostenhilfe 2020 sind Fixkosten bzw. Verluste, die einem Unternehmen während des beihilfefähigen Zeitraums entstanden sind bzw. entstehen und die im selben Zeitraum weder durch den Deckungsbeitrag (d. h. die Differenz zwischen Erlösen und variablen Kosten) noch aus anderen Quellen wie Versicherungen, befristeten Beihilfemaßnahmen oder Unterstützung aus anderen Quellen gedeckt sind.
Zur Bestimmung des Verlusts können alle Fixkosten herangezogen werden – also auch solche, die im Rahmen der Überbrückungshilfe nicht förderfähig sind (und daher nicht in der Liste unter 2.4 FAQ zur Überbrückungshilfe II aufgeführt sind).
Ungedeckte Fixkosten im beihilfefähigen Zeitraum sind zwingende Voraussetzung für die Gewährung von Beihilfen unter der Bundesregelung Fixkostenhilfe. Sie sind maßgeblich für die beihilferechtliche Höchstgrenze. Dies gilt unabhängig von der Förderhöhe.“

 

FAZIT

In der Pressekonferenz von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und Bundesfinanzminister Olaf Scholz am 29.10.2020 wurden die Novemberhilfen für die betroffenen Unternehmen angekündigt. Ein Hinweis auf beihilferechtliche Regelungen oder Beschränkungen erfolgte dabei nicht. In der Folge wurden die FAQ bekannt gemacht. Die Steuerberater wurden in die Beantragung über ein entsprechendes Portal eingebunden. Die Anträge wurden dann zügig mit hohem Aufwand vorbereitet und gestellt. An keiner Stelle des Antrags war eine Angabe zu ungedeckten Fixkosten oder Verlusten zu machen. Die Bescheide der Bezirksregierung Detmold zu den Abschlagszahlungen zu der Novemberhilfe enthalten u. a. folgenden Hinweis:

„4. Der Abschlag für die Novemberhilfe ist zweckgebunden und dient ausschließlich dazu, Unternehmen, Soloselbständigen und selbständigen Angehörigen der Freien Berufe, die aufgrund der Corona-bedingten Betriebsschließungen bzw. Betriebseinschränkungen gemäß dem Beschluss von Bund und Ländern vom 28. Oktober 2020 („Lockdown“) erhebliche Umsatzausfälle erleiden, den dadurch bedingten Umsatzausfall zu kompensieren und damit deren wirtschaftliche Existenz zu sichern.“ Auch hier ist keine Rede von ungedeckten Fixkosten oder Verlusten. Bisher war unschädlich, wenn bis zu 25 % des Monatsumsatzes des Vorjahres erzielt wurden. Weiter waren gerade Außer-Haus-Verkäufe nicht in der Anrechnung. Durch die Reduzierung auf ungedeckten Fixkosten oder Verluste wirkt sich der volle Ertrag aus dem Außer-Haus-Geschäft jetzt mindernd auf die Hilfe aus. Die betroffenen Unternehmen werden also rückwirkend durch eine Regeländerung benachteiligt. Weiter sind gerade die Monate November und Dezember in der Gastronomie sehr wichtig, um saisonal schwächere Monate auszugleichen.

Bemerkenswert ist, dass die Bescheide zu den Abschlagszahlungen zur Novemberhilfe seit Mitte Dezember 2020 vorliegen, die Auszahlungen aber erst ab 11.01.2021 erfolgen sollen. Die Lohnzahlungen November und Dezember 2020 waren von den Unternehmen bereits vorzufinanzieren, obwohl seit 02.11.2020 kaum noch Einnahmen zufließen. Dass sich jetzt ein sehr erheblicher Unterschied zwischen Zusage und Antrag sowie Vorauszahlungsbescheid und absehbarer beihilferechtlicher Kappung auf „ungedeckte Fixkosten bzw. Verlust“ ergibt, wird zu erheblichen Problemen auch aufgrund verlängerten Lockdown führen. Nachvollziehbar ist, dass es beihilferechtlich nicht zu einer Überförderung kommen kann. Wäre dies aber bereits Anfang November 2020 absehbar gewesen, hätten sich die betroffenen Unternehmer bei vielen Entscheidungen darauf einstellen können. Sehr ärgerlich ist, dass die Steuerberater mit sehr erheblichen Aufwand der Bearbeitung der Anträge zur Unterstützung der Mandanten gestellt haben und sich die Grundlagen dafür jetzt nachträglich ändern. Wir können aktuell nicht beurteilen, ob dies rechtlich so zulässig ist und hoffen auf Klarstellung durch Politik, IHK, Handwerkskammer und Bundessteuerberaterkammer.

Inzwischen gehen geänderte Vorauszahlungsbescheide mit Hinweis „auf jeweils aktuelles Beihilferecht“ ein.

Wir bearbeiten die Anträge auf die Coronahilfen seit einigen Monaten mit hohem Aufwand der Mitarbeiter. Wir werden dies auch weiterhin für Sie tun. Bitte sprechen Sie uns bei Fragen an. Wir werden diese dann auf Basis der vorliegenden Informationen und Einbeziehung unserer Ansprechpartner klären.